Der 3. Band ist in den 2230ern angesiedelt, einem Zeitraum, den man aus heutiger Perspektive durchaus als "utopisch" bezeichnen könnte. Auch wenn es sich natürlich nicht um eine ätherische Ermüdungsutopie handelt, in der niemand mehr (im praktisch positiven oder metaphorisch negativen Sinne) gefickt wird, und ebenso wenig um eine "totalitäre Dystopie" der "Schreckensherrschaft". Nein, einige Sachverhalte haben sich tatsächlich zum "Besseren" entwickelt. Ohne hier ins Detail zu gehen, sei nur erwähnt, dass man es in weiten Teilen der Erde mit nicht mehr ganz so grauenhaften soziopolitischen Ausgangssituationen zu tun hat. Denn die fatalistischen Würgegriffe identitätssetzender Geburts- und Entwicklungskategorien, wie jene der Herkunft oder Schicht, der "Behinderung", "Begabung" oder "Intelligenz", der sexuellen Identität und Orientierung, der Nation oder des Berufs, sind zwar nicht gänzlich verschwunden, aber weitaus wandlungsfähigeren Definitionen überantwortet. Gestützt wurde diese Entwicklung auch durch die sukzessive Aufgabe fundamentaler Zweiteilungen, die nicht wenige Gesellschaften der Weltgeschichte, wie etwa die europäische Moderne, immer wieder durchzogen. Denn solch simple, sagenhafte Oppositionen, wie die zwischen Geist/Materie, Kultur/Natur, Mensch/Tier oder Weiblich/Männlich, Wissenschaft/Kunst, Technik/Physis, Affekt/Ratio etc. erregen kaum noch Interesse und wurden zugunsten differenzierterer Unterscheidungsprozesse weitgehend aufgegeben. 

Die zentrale Gestalt des dritten Bandes ist Keyah, eine junge Person aus Ondjiva, einer Mittelstadt im Süden Angolas, die zu dieser Zeit die Existenz einer recht schüchternen, trisexuellen und kunstnerdigen "Frau" führt. Zu Beginn der Erzählung ergeht sie sich in endlosen Klagen über ihr borniertes, pseudolibertäres Umfeld, über die betulichen Anmaßungen Ondjivas, sich trotz aller offenkundigen Mittelmäßigkeit als eine "führende Speerspitze" ideengebender Avantgarde zu begreifen, sowie die beschämende Unfähigkeit ihrer Mitschüler, auch nur einen Funken kühnen Stils in ästhetische oder sexuelle Belange fließen zu lassen. Ihr Begehren richtet sich danach gen Benguela zu ziehen, einer florierenden Küstenstadt im zentralen Westen Angolas, die von kreativem Overload, unkeuschem Charme und experimentellen Stilen nur so sprudeln soll. Dem steht allerdings ihr ausdauerndes Schulabschlussprojekt gegenüber. Nach etlichen, ausufernden Recherchen stößt sie jedoch auf eine legitime Möglichkeit, diesen Zwist zu vereinbaren. Denn seit bald 150 Jahren befindet sich in Benguela eines der zentralen Dokumentationsarchive zum unfathomable day, der zu dieser Zeit zwar noch eine gewisse Bekanntheit aufweist, aber von anderen Ereignissen schon lange in den Schatten gestellt wurde. Daher meldet sie kurzerhand ein geschichtswissenschaftliches Abschlussprojekt zum Thema an, das selbstverständlich seriöser Vor-Ort-Recherche bedarf. 

Während sie in den ersten Wochen ihres Aufenthalts das Archiv in Benguela quasi ausschließlich als Ausnüchterungsstation für ihre abendlichen Eskapaden nutzt, entwickelt sie allmählich ein obsessives Interesse an den Ereignissen des unfathomable day. Wobei insbesondere die einstigen Protagonisten - von denen zwar schon lange bekannt ist, wie sie verschwanden, aber nicht, wohin sie verschwanden - einen unwiderstehlichen Sog auf sie ausüben. Und so fängt sie an Gideon, Su und Ray, Ephitas, Rüdiger, Jamal und Haname aus den Archiven zu wieder-holen; sie stellt ihren Leib als Bühne zur Verfügung, auf der sie ausgiebig mit ihnen zu spielen und denken, ficken und reden beginnt. Bis sie eines Tages auf einen kleinen Apparat stößt, ein Ding, das noch aus dem 21. Jahrhundert stammte und, wie es die Archivierungsnotiz einer gewissen Megan Faunsteen nahe legt, als "Shifting-Stimulator" bezeichnet wurde. Gemäß der Anleitung sollte man das Gerät mit einer genau definierten Menge verschiedener Tryptamine und Phenethylamine füllen, es sich auf die Wirbelsäule binden und die Injektionsnadel unter der Dornfortsatzspitze des elften Brustwirbels, genau auf den Punkt des Jĭ Zhông anbringen. 

Natürlich ergibt sie sich unmittelbar nach den anfälligen Besorgungen diesem Experiment, das sie nach einer etwas schmerzhaften Induktionsphase in einen äußerst lustvollen Rausch katapultiert, aus dem sie erst fünf Stunden später, in eine echsenhafte Position eingerollt, wieder erwacht, fast ohne Erinnerung, aber mit vier einfachen Worten auf den Lippen, die sie laufend, mehr krächzend als sprechend wiederholt: "Das Tal der Glückseligen". Schlichte, befremdliche und irgendwie lächerliche Worte, auf die sie bisher noch nie gestoßen war. Ihre Nachforschungen ergeben schließlich, dass mit diesem Namen Ende des 21. Jh. ein Forschungsprogramm unter der Leitung eines Prof. Sullivan angemeldet, allerdings schon bald wieder abgebrochen wurde, da der führende Forschungsassistent (Hoé) unter ungeklärten Umständen irgendwo in den Ausläufern der Anden verschwunden war. Und darauf beginnt Keyah ihren Körper auszurichten, versteift sich auf den Gedanken, diese phantasmatische Idee, dieses Tal, nicht nur wörtlich zu nehmen, sondern es auch noch finden zu wollen…